Leseandacht zum Sonntag Okuli

Leseandacht zum Sonntag Okuli

Leseandacht zum Sonntag Okuli

# Andacht

Leseandacht zum Sonntag Okuli

Sprache ist etwas Großartiges. Sprache ist Heimat und Erinnerung, Sprache hat Macht zu teilen und zusammenzuführen. Sprache darf flexibel sein und wachsen. (Die) Sprache macht (den) Sinn. Und mir fast am wichtigsten: Sprache schafft Realität. Wenn ich spreche, bestimmt zu einem großen Anteil meine Wortwahl, welches Bild in den Köpfen der Menschen entsteht, die mir zuhören, oder - eben wie jetzt - die meine Worte lesen. Sprache schafft Sichtbarkeit.

In der Bibel finden wir eine unendliche Fülle an sprachlichen Bildern. Die schönsten davon stehen wahrscheinlich in den Psalmen. Und eines möchte ich mit Ihnen teilen, es stammt aus dem Psalm für diesen Sonntag: „Der Herr ist denen nahe, die verzweifelt sind / und rettet diejenigen, die alle Hoffnung verloren haben.“ (Psalm 34,19)

Jetzt werden Sie vielleicht ein bisschen suchen nach dem Bild, das da umschrieben wird. Das kann daran liegen, dass der Vers aus einer Bibelübersetzung in einfacher(er) Sprache stammt, der „Hoffnung für alle“. Ich liebe diese Bibelübersetzung und nehme sie oft zur Hand. Sie ist einfach zu lesen. Sie ist, was ich gewohnt bin. Aber das Bild, das ich suche, wird hier nicht deutlich. Die Sprache, die ich gewohnt bin, reicht nicht aus. Ich brauche mehr, damit sichtbar wird, was ich wirklich meine. Alles davon. Also nehme ich eine andere Übersetzung, die von Martin Luther: „Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind / und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben.“

Ein zerbrochenes Herz und ein zerschlagenes Gemüt – ja, das passt. Das ist schön in seiner Umständlichkeit. Für mich, in diesem Moment. So will ich das sagen, das ist, wie ich mich fühle. Das kommt meinem Inneren am Nächsten. Etwas ist kaputt gegangen, in Stücken. Es war Gewalt ausgesetzt. Das sind Worte, in denen ich mich wiederfinde. Das hilft mir zu verstehen, wie groß Gottes Liebe zu mir ist. Wenn ich im wahrsten Sinne kaputt bin, ist er da.

Ich staune, was das ausmacht: Worte, die ansprechen. Eine kleine Veränderung, die besser passt. Worte, die heilen, was kaputt gegangen ist. Das richtige Wort zur richtigen Zeit. Und Sprache, die verbinden will. Das alles schenke uns Gott. Amen.  

Urike Peter, Gemeindepädagogin und Religionslehrerin aus Aschersleben

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