Ich liebe dich
„Ich liebe dich.“
„Mich? Ich kann mich grad selbst manchmal nicht leiden. Ich sehe nur noch das Schlechte und das was nicht geht. Hab irgendwie die Freude verloren. Egal, was ich anfange oder was andere anregen, mir fallen nur die Hindernisse in den Blick, die Anstrengung, die Mühe und das Scheitern.. Ich resigniere. Maule die Menschen an, und besonders die die es eigentlich gut mit mir meinen! Als hätte ich einen Stempel auf mir, der sagt: deprimiert, hoffnungslos, pessimistisch.“
„Ich liebe dich.“
„Mich kann man auch lieben. Ich bin witzig und lustig. Wenn wir alle zusammen sind, dann schaffe ich es, dass die anderen lachen und glücklich sind. Manchmal gibt es komische Situationen, in denen niemand sich traut etwas zu sagen oder die Stimmung ist ganz angespannt. Mit einem Satz kann ich es schaffen, diese Anspannung zu lösen. Das soll jetzt nicht hochnäsig klingen. Ich bin dankbar, dass ich das kann. Aber ehrlich gesagt: manchmal glauben sie mir nicht, wenn ich was ernstes sage. Immer suchen sie den Witz. Als ob ich einen Stempel hätte, wo Clown drauf steht und für nichts anderes Platz ist.“
„Ich liebe dich.“
„Obwohl ich Dinge entscheide, die anderen Menschen schaden?. Obwohl ich sooft nicht da bin? Weder bei meiner Familie, noch bei mir selbst? Obwohl ich manchmal so resolut sein muss? Das große Ganze zwingt mich manchmal Wenn man Verantwortung für etwas Größeres hat, dann wird man manchmal hart und streng. Man würgt auch Kollegen ab, sagt Nein. Und man ist einsam. Als ob ich einen Stempel auf meiner Stirn habe, wo drauf steht: Du bist der Chef. Mit allen Rechten und mit allem Gutes, was diese Rolle mit sich bringt, aber die anderen lesen nie, die schweren Dinge, die diese Rolle auch mit sich bringt.“
Jemand der liebt, der sieht mehr als den einen Stempel. Der sieht alle Seiten und nicht nur das Offensichtliche. Er sieht das Warum, die Gefühle und vor allen Dingen sieht er was werden kann. Jesus ging damals durch diese Welt. Sah die Stempel auf den Menschen und hat die Menschen nicht darauf festgesetzt, sondern ist zu ihnen hin und hat sie angesehen und ihnen gesagt: Gott liebt dich. Und das hat sie verändert. So wie wir auch von der Liebe verändert werden. Wenn wir uns taufen lassen, dann ist das die große Liebeserklärung Gottes. Stempel, die uns in eine bestimmte Rolle drücken, werden weggewischt, alles ist möglich, weil Gott dich liebt. Wenn ich wieder denke: So bin ich nun mal. Und es geht mir nicht gut damit. Dann brauch ich die Liebe der anderen. Die Liebe meines Mannes, meiner Kinder, meiner Freunde und die meines Gottes: Ich liebe dich.
Und ich höre mich flüstern: „Ich dich auch.“
Verfasserin: Anne Bremer