Andacht zum 13. Sonntag nach Trinitatis

Andacht zum 13. Sonntag nach Trinitatis

Andacht zum 13. Sonntag nach Trinitatis

# Andacht

Andacht zum 13. Sonntag nach Trinitatis

Gleich vorneweg ein Bekenntnis: Ich liebe Bäume! Auf meiner letzten Wanderung kam ich durch das brandenburgische Dorf Altkünkendorf. Wer den Ort von Norden her betritt, muss zwischen zwei mächtigen Eichen hindurch. Sie stehen beidseitig an der Straße wie zwei Wächter und mustern jeden, der sich ihnen nähert. Nachdem ich sie passiert habe, musste ich mich noch einmal umdrehen und mir Zeit zum Staunen nehmen: gewaltige Baumstämme, über denen sich ein undurchdringliches Gewölbe aus Blättern, Ästen und Zweigen erhob. Zwei viele hundert Jahre alte Bäume, die ihren Anwohnern Schatten spenden und Lebensraum. Vor solchen vom Leben erprobten Zeitgenossen habe ich riesigen Respekt. Kaum vorstellbar, was die alles schon erlebt, überlebt und gesehen haben. Ganze Dorfgenerationen haben Seite an Seite mit ihnen gelebt und haben gemeinsam so manche Stürme überstanden. Eine Anwohnerin, die gerade in ihrer Einfahrt stand, sprach mit mir über die beiden, wie man über liebgewordene hochbetagte Nachbarn spricht. Dieses Bild hat sich mir eingeprägt.

Ein Bild vom Leben, das mir nicht nur auf meinen Wanderungen begegnet: Bäume, die auch unter widrigen Umständen, wie Trockenheit, Verletzungen, felsiger oder vom Menschen versiegelter Boden, Borkenkäfer und andere Schädlinge einfach nicht aufgeben. Sie sind auf der Suche nach jedem Millimeter Lebensraum und laben sich an ihm. Sie sind bereit Lebensgemeinschaften einzugehen, sogar mit anderen Baumarten, geben Nährstoffe weiter an ihre Nachkommen, auch dann noch wenn sie im Sterben liegen.

Dieses Bild geht mir zu Herzen und überträgt eine große Portion Lebensmut in meine Seele. Wenn Gott schon Bäumen diesen beharrlichen Willen zum Leben mitgegeben hat, wie viel bedeutsamer ist ihm das Leben eines jeden Menschen. Jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde haben ihren Wert bei ihm. Jedes „Dennoch“, jeder Neuanfang, jedes Loslassen darf Gott anvertraut und die Kraft dazu gleichzeitig aus seiner Hand genommen werden.

„ Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.“ So steht´s in der Bibel bei dem Propheten Jesaja (Kapitel 42, Vers 3).

Einem Gott, der so aufmerksam, treu und behutsam ist, will ich immer wieder neu vertrauen und ihm danken für jeden Millimeter Lebensraum und für jede Sekunde Lebenszeit. Ob ich am Ende so alt werde wie ein Baum, überlasse ich getrost meinem Gott.

Ihr Tobias Müller, Gemeindepädagoge aus Schönebeck

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