Mein altes Leben ist mit Christus am Kreuz gestorben.
Gal.2,19c (Hoffnung für alle)
Angedacht
Immer wieder entdecke ich in unserem Holzstapel ein paar besondere Stücke. Von außen erscheinen sie oft alt, vom Leben ziemlich mitgenommen, nicht selten von Krankheiten geschwächt und vom Sturm gebrochen. Sie scheinen kaum noch zu etwas nutze. Nach einer Zeit der Lagerung im bergenden Stall sollen sie im Feuer ihr letztes bisschen Energie abgeben.
Ihre Besonderheit geben sie erst dann preis, wenn ich genauer hinschaue. Ich nehme sie heraus und beginne, oft mit großer Kraft, sie aufzubrechen. Ich beraube sie der einstmals schützenden aber zugleich verdeckenden Rinde. Ich trage das faulige, abgestorbene Holz ab. Ich suche nach der Schönheit in den eingegrabenen Lebensspuren. Ich forme ein Kreuz, richte die Lebenslinien in Vertikale und Horizontale aus und verbinde sie miteinander.
Am kommenden Ewigkeits- oder auch Totensonntag kommt uns im Gedenken an die Verstorbenen Tod und Ewigkeit ganz nahe. Wir gehen an die Gräber unserer Liebsten, erinnern uns an ihr Leben und die Spuren, die sie in dem unsrigen hinterlassen haben. Wir spüren unsere eigene Sterblichkeit. Sie ist verbunden mit der Hoffnung, vor unzeitigem Tod und schwerem Sterben verschont zu bleiben. Manche Schwäche bereitet uns Sorge den Stürmen des Lebens nicht mehr Stand zu halten. Die Frage wozu wir noch taugen, wenn der „Buckel krumm und der Kopf lahm“ ist wird dringlicher. Wir bergen uns in das geschaffene Heim, ans wärmende Feuer, das uns umso kräftiger wärmt, wenn wir nicht allein sind. Wenn da wenigstens einer ist, der hinter unsere Haut schaut, der uns hilft das faulige Abgestorbene in unserem Leben hinter uns zu lassen und das verdeckte Schöne zu entdecken. Einer, Eine, die solches mit der Kraft ihrer Liebe und Zuneigung vermögen.
Ein Bild, fast zu schön um wahr zu sein. Weil es doch so oft an Menschen oder an Liebe fehlt.
Ein Bild, das genau so wahr wird, wenn wir es mit Gott und seiner Liebe verbinden. Zu wissen, dass seine Liebe zu uns, den Tod nicht scheut und durch ihn nicht aufzuhalten ist verleiht unserem Leben eine andere Perspektive. Das Vertikale unseres Lebens wird aufgefangen, durch die Horizontale seiner Leben schaffenden Liebe.
Das gilt über unseren Tod hinaus und ändert unser irdisches Leben zuvor. Kaum sichtbar nach außen hin. Aber die Gewissheit von IHM so geliebt zu sein, dass auch der Tod uns nicht trennen kann, kann uns helfen, anders auf die Spuren unseres Lebens zu schauen.
Denn egal, ob wir uns gerade getragen oder verlassen von IHM fühlen, es ist nur das vorletzte Gefühl in unserem Leben. Das letzte wird die Freude sein, mit ihm das alte Leben zu verlassen und neues zu ergreifen. Viele Grüße Ihr Pfarrer Ulf Rödiger