Leseandacht,

09.05.2025
Leseandacht für Sonntag Jubilate

Autorin: Pfarrerin Beate-Maria Mücksch aus Hötensleben  

Wir haben eine neue Regierung und einen neuen Bundekanzler. Endlich. Viele Erwartungen werden an diese neue Mannschaft gestellt, viele Aufgaben sind zu erledigen, alte und neue Herausforderungen lassen nicht auf sich warten. Sie steht - wie alle neuen Regierungen- unter großem Erfolgsdruck. Viele Menschen erwarten, dass „die da oben, endlich mal in die Spur kommen.“ Diese Erwartung finde ich gut - wir brauchen eine Regierung, die Probleme löst und einen verlässlichen Rahmen für unser Land gibt. Was mir nicht gefällt ist die Haltung, die hinter einem solchen Satz steht. „Die da oben“ bedeutet - die anderen sollen mal machen. Und wenn mir das nicht gefällt, was „die da oben“ machen, dann meckere ich. Und das laut und kräftig. „Denen muss man es ja mal zeigen.“

Ich habe eine andere Vision: Stellen Sie sich mal vor, die Bürger eines Ortes stellen eines Tages fest, dass die paar Politiker die Fülle an Aufgaben gar nicht bewältigen können. Nicht weil sie unfähig sind, sondern weil die Fülle an Wünschen und Aufgaben so vielfältig sind und ganz unterschiedliche Fähigkeiten gebraucht werden, die einzelne Menschen gar nicht haben können. Darum tun sie sich zusammen, klären was für sie wichtig ist. Beraten darüber, wie der beste Weg zum Ziel sein kann. Holen sich den Rat von Expertinnen und Experten ein und fangen an. Bald stellen sie fest, dass das, was sie sich gedacht haben so nicht geht. Aber statt zu schimpfen und aufzugeben beschließen sie in einer Nachtsitzung die Anstrengungen zu verdoppeln. Weiter Menschen zu gewinnen. Die Idee noch bekannter zu machen. Und dann platzt der Knoten. Viele machen mit. Es macht Spaß, gemeinsam etwas zu tun. Fähigkeiten tauchen bei Menschen auf, die man ihnen gar nicht zugetraut hat. Und langsam aber sicher wird die Idee Wirklichkeit.
Als das Ziel erreicht ist feiern alle ein fröhliches Fest. Tanzen und singen und essen gemeinsam. Es werden keine Lobreden gehalten, aber in der anschließenden Versammlung beschließen alle einstimig, dass neue Ideen her müssen. Weil es gemeinsam so viel Spaß gemacht hat. Weil Menschen aufgetaut sind und neue Freunde gefunden haben. Und weil es noch so viel zu tun gibt.

Vielleicht sagen Sie: das geht nicht, weil… Doch, es geht. Immer mal wieder kann man von solchen Initiativen lesen. Und mir geht dabei das Herz auf. Weil Menschen sich nicht nur an ihren Gartenzaun lehnen und sagen: „die da oben müssen…“ Weil Menschen aufhören zu meckern und anpacken. Selber etwas tun und zum Guten aller beitragen.

Vor einem Jahr war ich mit Kolleginnen und Kollegen in England zu Besuch. Dort fielen uns überall die gepflegten englischen Gärten auf. Gefragt, wer sich darum kümmert, bekamen wir zur Antwort: „Wir. Wir sind die Gärtner.“
Ich fand diese Antwort toll. Wir sind verantwortlich. Wir gestalten. Wir bestimmen, was hier wächst. Und wir sind stolz, wenn es im Garten blüht und alles so schön gepflegt ist.

„Suchet der Stadt Bestes!“ So schreibt Jeremia vor 3000 Jahren . „Denn geht es dem Land gut- so geht es auch euch gut.“
Sucht das Beste. Tut etwas, damit gute Ideen wachsen können. Packt an. Macht mit. Das hoffe ich auch für unser Land. Denn unsere Politiker haben eine tatkräftige Gesellschaft verdient!