Leseandacht,

24.06.2025
Leseandacht zum 2. Sonntag nach Trinitatis

Wer bist du? Eine Frage an dich, liebe Musica, liebe Kirchenmusik.

Ich frage mich schon lange, wer du bist, denn du bedeutest mir sehr viel. Martin Luther hat einmal in einer Vorrede zu einem Gesangbuch über die Musik folgendes geschrieben: „Viel mehr ist sie, die rechte Sängerin, der Musik eine Meisterin, der liebe Herregott, der sie also geschaffen hat. Sie singt und springt Tag und Nacht, seines Lobs wird sie nicht müde, sie ehrt und lobt auch mein Gesang und sagt ihm einen ewigen Dank.“ Auch ich vergleiche dich mit einer Frau, die ich klug und schön finde und die weiß, was sie will. Deine Klänge berühren mein Herz auf besondere Weise, und deine Kraft, dein Willen und deine Kreativität treibt mich an. Manchmal denke ich tatsächlich, dass du den Menschen die in den Chören und Musikgruppen musizieren durch die Musik im gemeinsamen üben verbinden kannst und so eine eigene Qualität der Musik entsteht. Danke, dass du so wunderbar bist und uns immer wieder mit deiner Musik begleitest.  Musik in der Kirche  – da singt Gott mit mir.

Durch Wort und Ton lässt er von sich hören und möchte mich im Gefühl und Verstand erreichen. In der Musik begegnet mir Gott nicht nur als Gedanke, sondern als gelebte Erfahrung. In unseren Gottesdiensten soll Raum für den Dialog zwischen Gott und mir entstehen. Die Musik soll dabei nicht als Untermalung oder Umrandung der Predigt dienen. Da ist Freude – vielleicht tanzt Gott, wenn wir singen. Nichts steht still. Aber er möchte auch ein stiller, nachdenklicher Zuhörer sein. Kirchenmusik ist auch dort, wo der Mensch sich den Mund zuhält, um dem Gegenüber zu sagen:

„Bitte sag nicht, du verstehst, was ich meine, sondern sing für mich.” In dieser stillen Geste liegt das tiefe Verlangen nach einem guten Ausgang eines Problems, nach Berührung, ohne zu berühren, wenn Worte und Botschaften versagen oder einem um die Ohren geschlagen wurden. Manchmal steht die Welt still. Dann kann der Klang eines vertrauten Liedes das Herz erreichen. Das ist musikalische Seelsorge. Meine Stimme und mein Instrument erzählen ihm von mir, von meinem Leben, meinem Suchen, meinen Fragen, meinem Zweifel, meinem Sehnen, meiner Freude und meinem Dank. Musik wird zu meinem Gebet, zu meinem Vertrauen, zu meiner Klage – ja, das ist meine Hoffnung. Doch wie könnte musikalische Hoffnung klingen? Sie will hörbar machen, was sonst vielleicht verloren ginge: die Stimme des Glaubens, der Gerechtigkeit, der Liebe und der Versöhnung. Diese Hoffnung ist größer als wir selbst.

Musik in der Kirche hilft, den ganzen Gott und den ganzen Menschen zu meinen. Möge dieses Lied niemals verstummen. Amen.

Ihr Carsten Miseler, Kreiskantor im Kirchenkreis Egeln