11.06.2025
Leseandacht zum Sonntag Trinitatis
Der Dreiklang des Segens
Das Telefon klingelt. Eine Frau ist dran, sie klingt aufgeregt. Sie suche eine Pfarrerin, die Französisch spreche. Denn sie plane eine Überraschung für ein älteres Ehepaar, das seine Goldene Hochzeit in ihrem Dorf feiere. Eine Andacht in der Kirche wäre das Größte. Allerdings komme die Familie aus Frankreich, spreche also kein Deutsch. Und in ihrem Dorf könne niemand Französisch.
Ich frage sie nach der Lebensgeschichte dahinter. Sie erzählt: Während des Krieges verliebte sich eine junge Frau aus ihrem Dorf in der Börde in einen französischen Fremdarbeiter. Sie konnten sich nur heimlich treffen, niemand durfte davon wissen. Nach dem Krieg zog sie mit ihm nach Frankreich, die beiden heirateten und bekamen Kinder, später Enkelkinder. All die Jahre hielt sie die Verbindung zu ihrem Heimatdorf, vor allem zu ihrer besten Freundin. All die Jahre brannte der Wunsch in ihr, in „ihrer“ Kirche Gottes Segen zu bekommen, vor aller Augen und Ohren.
Als die Freundin starb, hielt die Tochter den Kontakt. Sie hatte das Fest geplant und vorbereitet. Der Freundin ihrer Mutter hatte sie gesagt, eine Andacht in der Kirche sei leider nicht möglich, aber sie könnten doch vor der Kirche ein Foto machen. Da begannen die Glocken zu läuten, und als sich dem sprachlosen Jubelpaar die Türen öffneten, sahen sie die mit Blumen geschmückte Kirche, hörten die Musik und konnten nicht glauben, dass dies alles für sie geschah. Selten habe ich Menschen so glücklich gesehen. Sie genossen jedes Wort, jede Geste, jeden Moment. Sie waren Teil einer großen Gemeinschaft. Der Höhepunkt war der Segen: diese beiden Menschen, die mehr als ein halbes Leben miteinander geteilt hatten, kamen in gespannter Erwartung nach vorn, und ich durfte ihnen Gottes Segen zusprechen. Es war, als würde nach all den Jahren der Riss heilen, der durch ihr Leben gegangen war. Der Segen verband die alten Bekannten aus dem Dorf mit der Familie. Es war gelungen. So empfand es auch die Frau, die alles liebevoll vorbereitet hatte: „Ich wusste ja nicht, wie es wird, aber ich glaube, jetzt ist alles gut.“ Das ist für mich Segen: Gott lässt gelingen, was wir beginnen. Eine Frau will ihrer mütterlichen Freundin Gutes tun. Dadurch wird neue Gemeinschaft möglich, Wunden können heilen, Menschen blicken dankbar auf ihr Leben. Ein Dreiklang.
Diesen Dreiklang höre ich auch in dem Segenswunsch des Apostels Paulus: Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen! (2. Korinther 13,13).
Ihre Cordula Haase,
Pfarrerin im Interimsdienst in Kirchengemeinden der EKM tätig im Pfarrbereich Hamersleben