05.10.2025
Zeitungsandacht zum Erntedank-Sonntag
Unterwegs zu sein ist heutzutage fast normal. In der Generation der Ur und Ur,Ureltern war eine Reise noch etwas außergewöhnliches. Meine Urgroßeltern hätten ihren Hof nicht verlassen, wie denn auch, das Vieh braucht jeden Tag Versorgung, nur der Krieg hat sie vertreiben können. Ich dagegen, hab mit Flug und Bahn schon die fernsten Ziele angesteuert.
Der normale Tourist ist, schwupp da wo er gebucht hat und meist erfreut wenn er vertraute Speisen findet. Es ist fast wie zu Hause, nur wärmer.
Diese Form des Reisens meine ich nicht, unser Bibeltext erzählt eine andere Geschichte, es ist die lange und gefahrvolle Reise des Menschen, zu Fuß durch fremdes Land, allein und zugleich ist es so etwas wie eine Lebensreise, alles verändert sich, die Landschaft, der Boden, die Aussicht und die Zukunft.
„Aber Jakob zog aus von Beerscheba und machte sich auf den Weg nach Haran 11 und kam an eine Stätte, da blieb er über Nacht, denn die Sonne war untergegangen. Und er nahm einen Stein von der Stätte und legte ihn zu seinen Häupten und legte sich an der Stätte schlafen. 12 Und ihm träumte, und siehe, eine Leiter stand auf Erden, die rührte mit der Spitze an den Himmel, und siehe, die Engel Gottes stiegen daran auf und nieder.“
In unserer Geschichte also ist Jakob unterwegs. Zu Fuß natürlich, wegen eines Streites mit seinem Bruder Esau, es ging um Tot und Leben. Eine Erbschaftssache.
Doch egal welchen Grund wir haben, so, zu Fuß, reisen wir heute nicht mehr. Damals, in der „guten alten Zeit“ kam sogar der Pfarrer zu Fuß oder höchstens mit dem Rad. Mein Vater war der letzte den ich so erlebt hab.
Wie ist das mit unseren Wegen, im Leben und im Alltag? Sind sie manchmal wie eine Wanderung zu Fuß, wie eine hastige Flucht oder haben sie das Tempo eines Fliegers?
Manche Menschen machen sich bewusst auf eine Reise zu Fuß um wieder zu lernen wo ihr Platz, ihre Mitte ist, wann eine Pause nötig und wann ein Aufbruch gut sein kann.
Ich bin seit einigen Wochen in den Dörfern des Sülzetals unterwegs. Ein Weg zu den Menschen die hier leben, Christen und Menschen die nicht zur Gemeinde gehören begegnen mir und ich ihnen. Es wird Zeit brauchen bis wir beieinander ankommen. Besuche in den Häusern und Höfen, Begleitung im Glück und auch im Leid gehören dazu. Schritte zueinander sind wichtig. Es geht nicht mit dem Tempo eines Fliegers.
Ob die Leiter der Engel an unserem Weg steht? Ich glaube es und hoffe sie empfinden es auch immer wieder so. Ein Zeichen der Ermutigung auf ihrem und unserem Weg, der Himmel ist offen, die Verbindung steht im Sülzetal und auch anderswo.
So kann ich allen Leserinnen und Lesern wünschen das sie die Engel an ihrem Weg wahrnehmen, den richtigen Zeitpunkt für Pause und Aufbruch finden und behütet bleiben auf dem Lebensweg.
Ihr Friedrich Wegner
Pfarrer in Bereich Sülzetal